Das Wörtchen „neu“ fasziniert: Die neue Frühlingsmode, die neuen Automodelle, die neuen Therapiemethoden, die neue Wohnung oder das neue Handy. Wir wünschen uns Verbesserung, Optimierung, Fortschritt und Erleichterung. Viele Dinge, die neu sind oder als neu angepriesen werden, sind tatsächlich besser. Zugleich erfahren wir, dass nicht alles Neue tatsächlich schon besser ist. Mit dem Wörtchen „neu“ ist schon mancher Unfug getrieben worden. Das Verlangen nach dem Neuen wird aber immer bleiben.
Der neue Weg
Die Gruppe der Jesus-Anhänger wurde nicht von Anfang an Christen genannt. Der erste Name der Freunde Jesu war einfach: Der „Weg“ oder: der „neue Weg“ (vgl. Apg 9,2). Warum gerade diese Bezeichnung? Einerseits leitet sich diese Bezeichnung von einem Wort Jesu ab: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ (Joh 14,6). Andererseits bezeichnet dieser Name eine Grunderfahrung der ersten Christen: Das Leben mit Jesus ist ein neuer Weg. Der große Völkerapostel Paulus drückt es so aus: „Wenn also jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Schöpfung: Das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden“ (2 Kor 5,17). Was war denn da so neu? Vieles!
Neuheitserfahrungen
- Das Leben mit Jesus Christus. Eine Verehrung von Gottheiten gab es schon lange. Das Leben mit einem Gott, der Mensch geworden ist, war absolut neu. Auch wenn dieser Jesus nicht sichtbar war, so war und ist er doch erfahrbar. Diese ganz innige und erfüllende Beziehung zu einem liebenden Gott war revolutionär.
- Das Leben in Gemeinschaft. Getaufte und den Glauben praktizierende Christen haben zu allen Zeiten eine starke Gemeinschaftserfahrung machen dürfen: Die beglückende Erfahrung des Wir und die Überwindung der Einsamkeit. Die Erfahrung der Kirche als eine Familie Gottes faszinierte die Menschen.
- Die Überwindung von Sünde, Kränkungen, Lüge, Streit, Stolz, Ausbeutung und vielem anderem, was verletzt. Christlicher Glaube ist ständiger Aufruf zur Wandlung des Lebens, zur Umkehr. Wertschätzung, Vergebung, Liebe, Güte, Empathie, Gerechtigkeit und vieles andere ermöglichen einen Qualitätssprung des Lebens. Die Überzeugung der ersten Christen war: Leiden, Tod und Auferstehung Jesu Christi ermöglichen uns ein neues, ein anderes, ein besseres Leben.
- Die Erfahrung von Gnade. Mit eigener Kraft kann man gewiss manches erreichen und das soll nie fehlen. Darüber hinaus macht der glaubende Mensch die Erfahrung, dass es eine verwandelnde Kraft von oben gibt, die uns durch das Wort Gottes, das Gebet, die Sakramente und den Gottesdienst geschenkt wird.
- Die Erfahrung der Hoffnung über den Tod hinaus. Die Jenseitsvorstellungen der antiken Welt waren vage und unbefriedigend. Die Botschaft, dass es ein ewiges Zuhause beim liebenden Gott gibt, riss einen ganz neuen Horizont auf. Die Hoffnungslosigkeit war besiegt.
Fastenzeit und Ostern 2023 – ein neuer Beginn
Wir alle wünschen uns doch, dass da und dort etwas weitergeht, besser wird, neu wird. Warten wir nicht darauf, dass der andere den Anfang macht. Fangen wir selber an! Man kann verschiedene Dinge so gut reinigen, dass sie wie neu erscheinen, wie neu sind. Mit der Hilfe Gottes und durch eigene Anstrengung können wir „wie neu“ werden. Dieser Reinigungsprozess hat viele Facetten: Etwas tun, was wir schon lange aufschieben. Jemandem verzeihen. Habgier, Eifersucht, Egoismus, usw. überwinden. Wieder die Heilige Schrift lesen oder zum Gottesdienst gehen, Hilfe anbieten oder sich selber helfen lassen. Es geht darum, menschliches und christliches Leben zu optimieren, d.h. neu zu werden.
Das ist das Ziel der Fasten- und Osterzeit. Ich hoffe, dass jede und jeder von uns zumindest ein wenig neu wird.