„Freu dich, du Himmelskönigin, freu dich Maria“. Mit diesen Worten beginnt das schöne Marienlied der österlichen Zeit. Wir fordern Maria auf, sich zu freuen. Mit Jesus ist sie den Weg des Lebens gegangen, angefangen in Nazareth, wo sie Ja gesagt hat zum Willen Gottes. Als Hochschwangere ging sie den langen mühevollen Weg von Nazareth nach Bethlehem, mit dem Kleinkind und Josef floh sie nach Ägypten und kehrte dann nach Nazareth zurück. Als Jesus mit 30 Jahren begann herumzuziehen, war sie oft in seiner Nähe. Sie spürte den wachsenden Widerstand gegen ihren Sohn, der am Kreuz endete. In der Sterbestunde geschah etwas Großartiges: Die Mutterschaft Mariens für Jesus ging zu Ende und jetzt vertraut er ihr die ganze Kirche an. Ihre Mutterschaft bekommt einen ganz neuen Horizont: Johannes steht unter dem Kreuz als Repräsentant der ganzen Kirche. Zu ihm sagte Jesus: „Siehe da, deine Mutter.“ Diese Worte gelten jedem Menschen: Siehe da, deine Mutter. Sie gelten der ganzen Kirche: Kirche Jesu Christi, siehe da, deine Mutter.
In allen Völkern der Erde, wo das Christentum Wurzeln geschlagen hat, gibt es eine innige Liebe zur Gottesmutter. Unzählige Menschen haben sich an sie gewandt und durch sie hindurch zu Jesus. Ein Glaube ohne Maria ist in gewisser Weise noch nicht „vollständig“. Jesus und Maria kann man nicht trennen, die Liebe zu Jesus kann man nicht von der Liebe zu Maria trennen.
Neben unzähligen Bezeugungen der persönlichen Liebe zu Maria, gibt es bei Maria noch etwas Besonderes und Einzigartiges. Sie hat durch ihre Fürsprache bei ihrem Sohn nicht nur Großartiges für einzelne erlangt, sondern für ganze Völker und Kontinente. Ein Beispiel:
Über 600 Jahre – von 1299 bis 1922 – bestand das osmanische Reich, das in der höchsten Blüte die heutige Türkei, den ganzen Balkan, die Länder rund um das Schwarze Meer, große Teile der arabischen und nordafrikanischen Welt umfasste. Staatsreligion war der Islam. Immer wieder rollten Angriffe gegen das christliche Europa. Die christlichen Truppen mussten gewaltige Schlachten mit oft menschlich gesehen aussichtslosen Kräften bestehen. Beeindruckende Gebetsbewegungen zur Gottesmutter entstanden. Zu den größten Schlachten gehörten die Schlacht bei Belgrad im Jahre 1546, die Seeschlacht bei der griechischen Insel Lepanto im Jahr 1571 und die Schlacht am Kahlenberg bei Wien im Jahr 1618. Immer wieder hat Maria auf wunderbare Weise eingegriffen. Als Dank dafür entstand der Glockengeläute am Morgen, zu Mittag und am Abend, das zum Gebet des „Engel des Herrn“ ruft, das Rosenkranzfest am 7. Oktober und das Fest Maria Namen am 12. September. Im Jahr 1917, mitten im ersten Weltkrieg, rief Maria in Fatima zu Gebet und Buße auf, damit Russland sich bekehre. In der Nachkriegszeit entstand in Österreich unter der geistlichen Leitung von P. Petrus Pavlicek OFM der Rosenkranzsühnekreuzzug. Zehntausende Menschen, unter ihnen auch Politiker der höchsten Ränge, beteten gemeinsam den Rosenkranz um die Freiheit Österreichs. Das „Wunder“ geschah. Russland zog sich zurück. Österreich war wieder frei. Jetzt schreiben wir das Jahr 2022. Menschlich gesehen scheint es keine Friedenslösung zwischen Russland und der Ukraine zu geben. Deshalb haben Papst Franziskus und die meisten Bischöfe der Welt am 25. März die Völker Russlands und der Ukraine der Gottesmutter geweiht. Immer häufiger hört man die Worte Dritter Weltkrieg. Neben allen menschlichen Strategien vertrauen wir Christen auf die Hilfe des Himmels und auf die Hilfe der Gottesmutter Maria. Maria verheißt Frieden, aber sie stellt eine Bedingung: Umkehr der Völker zu Gott. Nicht nur Putin und seine Genossen müssen umkehren, überall braucht es Umkehr. Das größte Problem der Menschheit ist die Gottvergessenheit vieler Menschen. Wir sollen der mütterlichen Macht Mariens sehr viel zutrauen.
Ich lade dazu ein, zu Maria zu beten, den Rosenkranz zu beten und sich innerlich für Gott und seine Weisungen zu öffnen. Am heutigen Sonntag ruft die Kirche auch dazu auf, um das Geschenk von Frauen und Männern zu beten, die mit Freude und Begeisterung der Kirche als gottgeweihte Schwestern und Brüder, als Priester dienen wollen. Gott streut den Samen der Berufung in viele Herzen aus. Er kann aufgehen, wo junge Menschen darauf hören, wo Eltern einen solchen Weg eines Kindes bejahen, wo es ein priesterfreundliches Klima gibt und wo Menschen sich dem Sog einer weiter wachsenden Versexualisierung der Gesellschaft entziehen und wo Werte wie Selbstbeherrschung, Warten können und Enthaltsamkeit wieder hochgehalten werden. Ich darf schon viele Jahre in der Lebensform der ganzen Hingabe an den Herrn leben. Die christliche Ehe und Familie ist zweifellos eine wunderbare Erfindung Gottes, aber auch die Priester- und Ordensberufung gehört zu den Erfindungen Gottes. Beten wir darum, dass dies junge Menschen auch heute entdecken. Amen.
Pfarrer P. Peter Willi FSO