Predigt am Fronleichnamsfest, 31. Mai 2018
P. Peter Willi FSO
Seit meinen Kindertagen fasziniert mich Jesus. Er ist mir so wichtig geworden, dass ich mich entschieden habe, Priester zu werden. Vieles an ihm fasziniert mich, zum Beispiel seine Demut. Er ist der Sohn Gottes. Durch ihn wurde die ganze Welt, das ganze Universum, der Makro- und der Mikrokosmos geschaffen. Und dennoch hat er sich ganz demütig gemacht und kam als hilfloses Kind in diese Welt und übergab sich der liebenden Sorge von Maria und Josef. Er lebte nicht in Jerusalem, Athen oder Rom, in Alexandrien oder Korinth, in diesen berühmten Städten von damals, sondern in Nazareth, einem verrufenen kleinen Ort in Galiläa, von dem der spätere Apostel Bartholomäus sagte: „Kann aus Nazareth etwas Gutes kommen?“(Joh 1,46). In seiner Demut und Einfachheit hatte Jesus Umgang mit den Kleinen und Großen, den Gläubigen und Ungläubigen. Er starb demütig und gedemütigt am Kreuz und blieb ganz demütig unter uns. In der heiligen Hostie bleibt er unsichtbar, aber wirklich unter uns.
Jesus ging in dieser Welt den Weg der Demut und er bleibt demütig verborgen in der Welt, er drängt sich niemandem auf, aber will unser Herz berühren. Er wollte durch sein demütiges Leiden und Sterben den Stolz der Welt überwinden. Der Stolz kam durch Adam und Eva in die Welt. Sie ließen sich vom stolzen Teufel verführen und haben das Gebot Gottes auf die Seite geschoben. Sie ließen sich überlisten vom Vater der Lüge, der ihnen einflüsterte: Ich weiß es besser als Gott.
Der Stolz ist die häufigste Sünde, die es gibt. Ein Großteil der Probleme in der Welt kommt vom Stolz. Es gibt den Stolz der Kleinen und der Großen, den Stolz des einzelnen und den Stolz der Gruppen oder Völker, die sich über andere erheben, den Stolz der Reichen und Mächtigen, den Stolz, der sich zeigt im Besitz, im Geld, in der Kleidung, im Reden, im Reagieren oder in Entscheidungen.
- Der Stolz schafft Blockaden, die Demut deblockiert.
- Der Stolz reißt Gräben auf, die Demut baut Brücken.
- Der Stolz macht das Herz hart, die Demut macht es weich und fähig zu lieben.
- Der Stolz sieht die Fehler nur beim anderen, die Demut kann eigene Fehler einsehen und annehmen.
- Der Stolz klagt ständig an, die Demut kann sich entschuldigen.
- Der Stolz erhebt sich gegen die Wahrheit, die manchmal auch unbequem ist, die Demut kann sie annehmen.
- Der Stolz produziert viele kleine und große Konflikte, die Demut will Frieden stiften.
- Der Stolz verursacht Wunden, die Demut heilt viele Wunden.
Demut ist kein Modewort, aber eine wichtige Haltung für ein gelungenes Menschsein und Miteinander. Sie ist der Weg Gottes zum Menschen und der Weg des Menschen zu Gott. Das Christentum ist eine Religion der Demut, eine große Schule der Demut, auch wenn nicht alle Christen in Vergangenheit und Gegenwart die Demut gelebt haben. Klagen wir jedoch nicht andere an, schlagen wir nicht auf die Brust früherer Generationen, sondern auf die eigene und arbeiten wir an uns selber. In jedem von uns steckt da oder dort das Unkraut der Stolzes und vom letzten Unkraut des Stolzes werden wir wohl er erst nach unserem Tod im Fegefeuer befreit. Wir müssen gegen den Stolz kämpfen, brauchen aber dazu auch die Hilfe von Jesus. Deshalb sollen wir beten:
Jesus, du große Gott, du hast demütig in dieser Welt gelebt. Du bleibst ganz demütig unter uns, gegenwärtig im heiligen Sakrament des Altares. Ich will dir meinen Stolz geben, du aber schenk mir deine Demut. Öffne mir die Augen für meinen Stolz und gib mir Freude an der Demut, die zum Dienen bereit ist. Mach mich zu einem unkomplizierten Menschen ohne Minderwertigkeits- noch Mehrwertigkeitskomplexe, forme mich zu einem frohen, glücklichen, einfachen, bescheidenen, gläubigen und liebenden Menschen. Gib mir die Demut, mir helfen zu lassen, mir etwas sagen und mich ergänzen zu lassen. Hilf mir, in unserer oft so eitlen und stolzen Welt Oasen den Friedens und der Freude zu bauen. Amen.