Auf der ersten Seite dieser Nummer des Pfarrblättle sehen Sie einen Stern. Er befindet sich in Bethlehem in der Geburtsgrotte, dem Ort der Geburt Jesu. Über diesem Ort ließ der römische Kaiser Konstantin im vierten Jahrhundert eine Basilika erbauen. Millionen Menschen haben diesen Ort bereits besucht, um die Geburt Jesu im Stall von Bethlehem zu verehren. In den frühen Morgenstunden des 25. Dezember 1977 war ich an diesem Ort. Davon möchte ich Ihnen ein wenig erzählen.
Ein besonderes Weihnachtsfest
Unerwartet bot sich mir in meiner Studienzeit die Möglichkeit, zwei Semester in Jerusalem zu studieren. Ich war im dritten Jahr meines Theologiestudiums. Im Advent dachte ich mir: Wie werde ich wohl Weihnachten feiern, fern von meiner Familie und Heimat? Israel ist vor allem das Land der Juden und moslemischen Araber. Die Christen bilden eine Minderheit. Nur sie feiern in Israel Weihnachten. Der 24. Dezember 1977 war ein strahlender, warmer Sonnentag und ein ganz gewöhnlicher Werktag im gesellschaftlichen Leben Jerusalems. In der Nähe unseres Studentenwohnheimes gab es eine größere Baustelle. Lauter Baggerlärm war den ganzen Tag zu hören, der Briefträger brachte die Post wie üblich.
Christbäume, Weihnachtsbeleuchtung in den Straßen und Geschäften, Weihnachtseinkäufe… nichts von dem habe ich wahrgenommen. Kurz vor Weihnachten kam ein kleines Päckchen mit guter Weihnachtsbäckerei meiner Mutter an und dazu ein Brief aus dem Elternhaus, worüber ich mich sehr freute. Telefonieren war teuer, aber ein kurzes Gespräch konnte ich mir doch leisten, eine große Freude! Im Studentenheim gab es ein gutes Abendessen, aber ohne Kerzenlicht und weihnachtliche Romantik. Vor dem Mitternachtsgottesdienst saß ich in meinem Studentenzimmer und stellte mir die Frage: Warum feierst du eigentlich Weihnachten?
Innere Berührung
Um 00.00 Uhr haben wir Studenten an einem sehr schönen Gottesdienst der Mönche der Benediktinerabtei Dormitio auf dem Zionsberg teilgenommen. In Liedern und Gebeten feierten wir das Ereignis, dass Jesus, der Sohn Gottes, in diesem Land vor 2000 Jahren im Stall von Bethlehem von Maria geboren wurde. Um 2.00 Uhr brach unsere kleine Studentengruppe nach Bethlehem auf, zu Fuß, etwa zehn Kilometer, meistens in Stille, über das hügelige Land von Judäa. Es war vier Uhr morgens, als wir in Bethlehem angekommen sind. In der Geburtskirche war es still geworden. Die vielen Pilger waren in ihre Hotels und Unterkünfte zurückgekehrt. Längere Zeit verweilten wir beim Stern von Bethlehem. Es waren Momente, die ich nie vergessen werde. Ich habe erkannt und gespürt, mehr als bisher, dass Jesus nicht eine Gestalt der Vergangenheit ist, sondern der Gegenwart. Er lebt! Er erfüllt und berührt die Herzen der Menschen mit Kraft, mit Freude, mit Hoffnung im Auf und Ab des Lebens. Es lohnt sich, mit Ihm zu leben, es lohnt sich, für Ihn zu leben. ER ist das eigentliche Weihnachtsgeschenk.
Jesus – Licht der Herzen
Gut 40 Kinder in Gisingen bereiten sich in diesem Schuljahr wieder auf die Erstkommunion vor. Das Motto für dieses Jahr lautet: Jesus – Licht der Herzen. Es klingt weihnachtlich. Ich wünsche diesen Kindern, dass sie, entsprechend ihrem Alter, von Jesus berührt werden. Jesus liebt jedes einzelne dieser Kinder so wie er jeden einzelnen Menschen liebt. Christsein heißt mit Jesus Christus leben und sich von ihm berühren lassen. In jedem Herzen will er geboren werden. Gottesdienste in der Advents- und Weihnachtszeit, Adventsingen, Roratemessen in der frühen Morgenstunde, das Geschenk der Versöhnung in der Beichte, Meditationen, stille Momente vor der Krippe usw. können zu Augenblicken werden, in denen wir spüren: Jesus liebt mich, er ist nicht fern von mir, er lebt, er stärkt mich, als Licht der Freude und des Friedens strömt er in mein Inneres, er gibt mir ermutigende Perspektiven für mein Leben, er schenkt mir ewiges Leben. Inmitten von Not und Elend in der Welt, inmitten von Unsicherheiten, was die Zukunft bringt, oder Herausforderungen im privaten oder beruflichen Leben will uns Jesus beistehen. Mit ihm an der Seite können Sie zuversichtlich in das neue Jahr gehen. Wir sind nicht allein unterwegs.
In diesem Sinn wünsche ich Ihnen schöne adventliche Tage, ein frohes Weihnachtsfest und ein gutes neues Jahr.